Die neue Crew nutzt den ersten Abend noch dafür mit Bahn auf die Aussichtsplattform zu fahren. Gut so, am nächsten Morgen ist das Wetter wieder typisch Bergen, also wolkenverhangen. Außer Wolken wäre jetzt nichts zu sehen.

Nach dem Frühstück füllen wir noch unsere Vorräte auf. Um 12:00 Uhr dann pünktlich Einweisung ins Schiff und Sicherheitseinweisung. Kurz nach 14:00 Uhr starten wir, leider wieder unter Motor. Zu wenig Wind von vorn. Immerhin gibt es schöne oder auch verfallene Häuser zu bewundern und nach Durchqueren des Radsund haben wir unser Tagesziel auch schon erreicht. Der Gunnesund ist an den engsten Stellen nur gut 100 ft breit. Das Ufer ist steil und grün. Wir ankern vor Vestre Eidsvik. Es ist windstill hier, nur Felsen und Bäume um uns herum. Der Nieselregen hat aufgehört und die Sonne zeigt sich. Betty und Gerda gehen vor Begeisterung baden (knapp 8°C Wassertemperatur). Es wird schwierig werden in der nächsten Zeit wieder eine so schöne Ankerbucht zu finden.

Auf unserer Route knapp 100 sm nördlich liegt Stattlandet (Statt). Sozusagen die Nordwest Ecke der Küstenlinie hier. Berüchtigt für Wind und viel Welle. Mit anderen Worten: wir brauchen passende Bedingungen für die Umrundung.

Die Norweger planen zurzeit den Bau eines Tunnels an der schmalen Süd-Ost-Seite der Halbinsel Stattlandet. Er soll so groß werden, dass Yachten und Frachter hindurchfahren können. Ein sehr ambitioniertes Projekt, was auch zeigt, wie kritisch die Ecke für die Schifffahrt ist. Leider ist der Tunnel noch nicht fertig.

Der Wetterbericht sagt für Donnerstag bis Samstag wieder Starkwind und Böen > 30 kn vorher. Also bleibt nur die Wahl: mit zwei Tagen Nordwind Strecke nach Nord machen. Oder warten und die Zeit hier und im Sognefjord zu verbringen. Die Crew entscheidet sich für den Sognefjord.

Je weiter wir nach Norden kommen, desto karger wird die Landschaft. Und umso weniger Häuser sehen wir. Wir schlängeln uns zwischen zahllosen Inseln hindurch. Der Wind nimmt zu, leider von vorn. Also fahren wir unter Motor weiter. Die Böen sind bisweilen ungemütlich und gefühlt wird es kälter. Am nördlichen Ufer des Gulafjorden hat Uli uns eine sichere Ankerbucht ausgesucht: im Süden beschützt durch eine Insel, im Norden schließt sich ein Süßwassersee an. Kaum sind wir fest, wird das Schlauchboot klar gemacht. Zu viert rudern wir ans Ufer. Wir klettern über die Ufersteine und stapfen durchs Moos. Alles, was nach Trampelpfad aussieht, entpuppt sich als Wasserlauf. Hinter einer Staumauer aus Felssteinen erstreckt sich ein wunderschöner Süßwassersee, von Felsen umsäumt. Wir rätseln, wer diese Mauer im scheinbaren Nichts wohl wann und warum gebaut hat. Durch wassergetränktes Moos, alte Farne und knorrige Bäume klettern wir weiter auf der Suche nach einer schönen Aussicht. Und werden belohnt: nach ein paar Höhenmetern über rutschige Steine blicken wir auf ein zauberhaftes Panorama: unsere Ankerbucht, umsäumende Inseln, im Hintergrund hohe Berge und auf der anderen Seite der See. Und weit und breit kaum Zeichen der Zivilisation. Bis auf einen einsamen Fender, der am Ufer liegt. 

Text: Betty und Uli