Von der Anziehungskraft blauer Boote…
Ein bisschen verwunderlich fanden wir, dass es bereits im Oktober auf Instagram eine Challenge gab, das letzte Segelfoto der Saison 2023 zu posten… und fliegen lieber am 29.12. auf die Kanaren, um mit Uli auf ihrer ‘ANUK’ 2 Wochen von Fuerteventura nach La Gomera zu segeln.
Der aktuelle Crewwechsel findet in Puerto del Rosario auf Fuerteventura statt, wo uns die ANUK hinter einem riesigen Kreuzfahrer versteckt am Kopfsteg erwartet. Außer uns (Katrin und Oomke) sind eine weitere Katrin, Nane und Jörg angereist. Ich bin mit Knieschaden unterwegs, Katrin, die 2. ist Nicht-Seglerin, Nane nimmt Antibiotika und soll UV Strahlen meiden, Jörg hatte eine fette Erkältung und bleibt lieber noch ein paar Tage in Quarantäne an Land…. da hat Uli ja eine schlagkräftige Truppe an Bord.
Wir verproviantieren uns für mehrere Tage und sehen zu, dass wir die wenig einladende Stadt schnell verlassen. Leider stellt der Wettergott uns für die nächsten Tage nur sehr wenig Wind in Aussicht, was aufgrund der angeschlagenen Crew vielleicht gar nicht so schlecht ist. Wir motoren bis nach Pozo Negra und gehen dort kurz vor Sonnenuntergang vor Anker. Eine schaukelige Angelegenheit, die bei einem Crewmitglied für etwas blasse Gesichtsfarbe sorgt, doch nach einem köstlichen Abendessen mit Scampis, frischem Brot und selbstgemachter Aioli im Cockpit sind alle wieder wohlauf.
Am nächsten Morgen schwimmen wir eine Runde ums Schiff, dann mudeln wir weiter bis La Lajita, ein hübscher kleiner Ort im Südosten von Fuerteventura. Hier ankern wir ganz entspannt im Päckchen mit der ‘ExtraBold’ von Christian. Unser Mitsegler Jörg ist aus der Quarantäne entlassen, steht winkend am Strand, und wird mit dem Dinghi an Bord geholt. Wir schwimmen und schnorcheln, spazieren durch das Dorf und feiern Silvester mit 2 Crews und einem tollen Grillfest im Cockpit der Anuk. Ein rundum idyllischer Jahreswechsel!
Leider startet auch 2024 schwachwindig, und wir motoren gemächlich entlang der Südküste bis Punta de Jandia, dem Südwest-Zipfel von Fuerteventura. Die Küste ist abwechslungsreich und vom Meer aus schön anzusehen. Insbesondere die großen Sanddünen der Costa Calma. Von Nordwest läuft trotz der Windstille eine kräftige Dünung, auch um die Landzunge, so dass uns wieder eine schaukelige Nacht bevorsteht. Wir setzen mit dem Dinghi zu einem Landgang über… grenzwertig bei der Dünung, aber wir kommen heil an den Strand und später auch wieder weg. Der kleine Ort enttäuscht mit 2 geschlossenen Restaurants und einer geschlossenen Gesellschaft. Der Spaziergang zum Leuchtturm, der Blick auf die Surfer am Weststrand und ein grandioser Sonnenuntergang entschädigen.
Am nächsten Morgen starten wir vor Sonnenaufgang auf den 65 Seemeilen Schlag nach Gran Canaria. Im ersten Tageslicht gibt es eine gegenseitige Fotosession mit der ‘ExtraBold’, die sich dann unter Spi Richtung Las Palmas verabschiedet. Wir wählen den Gennaker und peilen die Südküste von Gran Canaria an. Endlich Segeln, wenn auch nur so gerade eben…. am frühen Nachmittag verlässt uns auch das bisschen Wind wieder, für die restliche Strecke muss der Motor ran. Wir schnacken, lesen, chillen und bringen Katrin, der 2. jede Menge nautische Vokabeln bei. Sie stellt fest, dass dies wohl eher eine Sprachreise als ein Segelurlaub ist. Gegen 22 Uhr fällt der Anker vor Pasito Blanco, Gran Canaria.
Tageslicht offenbart ein Ankerfeld von Charteryachten mit Alkohol-Affinität, wir sind umgeben von Gin-Tonic, Jerez, Amaretto, Pina Colada. Uli versucht, den Hafen Puerto de Mogan telefonisch zu erreichen, weil sie auf ihre vor Tagen gestellte Anfrage nach einem Liegeplatz noch keine Antwort bekommen hat. Eine nette Dame erklärt ihr, dass sie gerade dabei ist, und sich in 10 Minuten wieder melden würde… wir machen uns trotzdem schon mal auf den Weg, denn es weht eine wunderbare kleine raume Brise, die sich leider schon nach einer halben Stunde in Flaute von vorne verwandelt. Seufz. Anders als in Fuerteventura gibt es hier auch keine Aussicht auf die Küste zu genießen, der Süden von Gran Canaria ist hässlich, hässlicher, am hässlichsten… Eine Touri-Attraktion ist das Gleitschirmfliegen vom Motorboot gezogen und der Skipper fährt so dicht vor der ANUK durch, dass wir aufstoppen, damit die Leine zum Gleitschirm nicht an der Mastspitze hängen bleibt. Einige Stunden später, die Dame aus Mogán hat sich nicht wieder gemeldet, sind wir vorm Hafen und fragen erneut nach. Bekommen eine Absage und lassen den Anker fallen. Zum Glück ist Puerto de Mogán der erste hübsche Ort des Tages. Pech sind die vielen Touri-Boote: Ein Party Katamaran mit schallender Musik und Animation, Jetskis zu Hauf und ein gelbes U-Boot, welches zum Wrack vor dem Hafen taucht. Uli wirft die Frage auf, ob das wohl extra dafür dort versenkt wurde. Schick ist die steile Felsküste vor den Hafen mit kleinen Grotten, die wir mit Dinghi bzw. schnorchelnd erkunden.
Schon vorm Frühstück ruft Uli noch mal den Hafen an, und plötzlich geht alles ganz schnell, auf die morgendliche Schwimmrunde wird verzichtet, wir verholen in die Marina. Geplant sind 2 Nächte, doch als sich zu weiteren widrigen Windvorhersagen noch ein Hexenschuss bei der Captain gesellt (jetzt bezeichnen wir uns endgültig als Lazarett-Schiff), werden es 4. Wir versuchen einen Mietwagen für eine Landpartie zu bekommen, doch da noch Weihnachtsferien sind, ist nichts verfügbar. Mit dem öffentlichen Bus (Guagua, gesprochen Wuawua) fahren wir nach Mogán in die Berge und nach Maspalomas an die Küste. Das größte Highlight (auch unter den 10 Hauptattraktionen von Gran Canarias Süden gelistet) ist der Markt von Puerto de Mogán. Oomke bummelt mit seinen beiden Katrins und gibt sein Bestes, unsere Geldbörsen vor den Verkäufern mit ihren ‘Arme Schlucker Preisen’ zu bewahren. Abends gehen wir in den vielen Restaurants am Hafen nett essen. Puerto de Mogán ist, im Vergleich zu allen anderen Orten entlang der Küste, wirklich ganz hübsch, doch wir sind alle froh, als Uli sich wieder bewegen kann und wir uns auf den Weg nach Teneriffa machen.
Der Tag beginnt wie immer schwachwindig, Oomke begibt sich in die Pantry, um ein klassisches Unterwegs-Frühstück mit Rühreiern und Speck zu bereiten. Der Duft von gebratenem Speck hat auch den Wind angelockt und beschert uns den ersten wirklich schöne Segeltag der Saison 2024. Bei halbem Wind rauschen wir auf die Punta Roja zu, die rote Spitze an der Südost Ecke Teneriffas. Diese erreichen wir mit Sonnenuntergang und sie macht ihrem Namen alle Ehre und sieht aus wie ein riesengroßes Stück rotbrauner Schokoladentorte. Leider finden wir hier nicht den erwarteten ruhigen Liegeplatz, da die Dünung um die Ecke herumrollt, während der Wind über die Ecke drüber weht, sodass wir zumeist quer zur Welle liegen. Katrin die 2. hat es nachts mehrmals fast aus der Koje geworfen.
Der Überfahrt nach La Gomera sehen wir mit Spannung entgegen, denn zwischen Teneriffa und La Gomera soll die Wahrscheinlichkeit, Wale und Delfine zu sehen, sehr hoch sein. Es gibt hier 250 Wale in 12 Familien, und tatsächlich entdecken wir schon bald eine Gruppe Pilotwale (Grindwale), die ruhend an der Oberfläche dümpeln. Wir stoppen auf und warten eine Weile, ob vielleicht noch etwas Bewegung in die Gruppe kommt, aber die sind genauso schläfrig wie der Wind. Im Laufe des Tages sehen wir noch mehrfach einzelne Wale in einiger Entfernung, aber das Highlight erwartet uns ca. 10 Meilen vor dem Ziel: eine große Delfinschule begleitet uns mindestens 20 Minuten lang, spielen in der Bugwelle. Als ich frage, ob wir nicht aufstoppen und schwimmen gehen wollen, sind sie schlagartig verschwunden…. man könnte meinen, sie haben das gehört. Und zu guter Letzt kommt noch Wind auf, und wir können die letzte Stunde unseres Törns segeln. Ein schöner Abschluss!
La Gomera liegt vor uns, schroff, aber auch grün. San Sebastian zieht sich mit kleinen bunten Häusern den Berg hoch. Was für ein wunderbarer Anblick nach den anderen kanarischen Inseln mit ihren Hotelburgen. Nach dem Anlegen wird als erstes ein Leihwagen für den nächsten Tag organisiert. Dann tauchen mit der letzten Fähre von Teneriffa Betty und Gerda auf, die uns ab Donnerstag auf der ‘ANUK’ ablösen. Sie haben eine Unterkunft in San Sebastian, aber da wir in Puerto de Mogán etwas viel eingekauft haben, laden wir sie spontan mit zum Essen ein. Und dann steht plötzlich noch Mike, ein Freund von Uli aus England im Niedergang – Überraschung! Er ist spontan hergeflogen, um Uli während ihres Aufenthaltes hier zu besuchen. Es wird ein wunderbarer feucht-fröhlicher Abend und wir holen den Mietwagen am nächsten Tag ein Stündchen später ab, als ursprünglich geplant. Mit Allen fahren wir den ganzen Tag über die Serpentinen, lassen die körperlich Fitten ein paar kleine Wanderungen machen, kehren hier und da ein und genießen diese wunderschöne Insel. Abends kocht Mike für alle auf der ANUK lecker Spagetti Bolognese.
Am Mittwoch ist dann Abreisetag. Uli, es war super, Dich und Deine ANUK kennen gelernt zu haben! Gerne begleiten wir Dich mal wieder auf deiner Reise. La Gomera, auch Dich fanden wir ganz toll, und kommen hoffentlich noch mal wieder.
Text: Katrin und Oomke von der ‘Blue Bat’