Wir ankern bei schönstem Wetter im Delta am Hjørnedal, dem Abfluss des Faxa Sees in den Scoresby Sund und wir beschließen einen Landgang für den Morgen. Das Hjørnedal mit seinem mächtigen Geländeeinschnitt lockt zu einer Erkundung.

In ca. 400 m Entfernung stehen vereinzelt bunte Holzhütten. Bei unserer Ankunft sahen wir bereits aus der Ferne, dass jemand dort sein muss, denn vor den Hütten ankert ein kleines Motorboot am Strand. Wir steigen ins Dinghy und fahren in zwei Etappen rüber Richtung der in der Sonne leuchtenden Hütten. Unschwer ist schon bei der Anfahrt zu erkennen, dass zwei Personen zwischen den Hütten mit Arbeit beschäftigt sind. Am Strand angekommen sichern wir das Dinghy und setzen uns in Richtung Hütten in Bewegung. Dabei treffen wir auf eine Vielzahl teilzerlegter lachsartiger Fische, die verteilt am Strand herumliegen und von denen zum Teil nur einseitig, aber sauber das Filet herausgetrennt wurde. Wir fragen uns, ob dieses einen besonderen Grund hat, ob damit Tiere angelockt werden sollen oder ob dieses Aufgrund von Überfluss hier so üblich ist. Kontaktsuchend gehen wir auf die Hütten und die Personen zu, die weiter ungerührt ihrer Beschäftigung nachgehen aber ab und zu uns herüber schauen. Wir grüßen, nähern uns weiter und schauen wie sie reagieren. Die Beiden entpuppen sich als ein älteres Ehepaar aus Ittoqqortoormiit die hier für eine Woche ihren Urlaub verbringen. Er spricht Englisch und erweist sich schnell als sehr kommunikativ, während seine Frau sich lieber im Bereich ihrer Behausung im Hintergrund hält. Es wird über dieses und jenes gesprochen, geflachst und geschmunzelt. Wir verabschieden uns und die Gruppe setzt sich in Bewegung, rauf über den Hügel und weiter in Richtung Hjørnedaldelta. Nur Jens bleibt zurück, redet weiter mit dem Mitsechziger und macht keinerlei Anstalten uns zu folgen. Da wir beide Gewehre zum Schutz vor Eisbären dabei haben, beschließen wir, dass ein Teil der Gruppe vorgeht und ich mit einem der Gewehre zurückbleibe um auf Jens zu warten.

Die Beiden vertiefen allem Anschein nach ihr Gespräch weiter und ich mache es mir an dem kleinen Bachlauf gemütlich, an dem ich auf Jens warte. Von dort aus sehe ich, wie beide plötzlich geschäftig zwischen den Hütten hin und her laufen. Ich wundere mich. Ich sehe wie beide zusammen zu einer draußen zwischen den Hütten aufgestellten, ausrangierten Kühltruhe laufen und anfangen eine Plastiktüte zu füllen. Nach der Verabschiedung reckt Jens eine große Plastiktüte in die Höhe und grinst. Ich denke „Klasse, Fisch. Das Abendessen ist gesichert.“ Ich gebe ihm aus der Ferne einen Daumen hoch. Er macht sich auf zum Dinghy, um die Beute bis zur Rückkehr dort zu bunkern. Nun sind wir nur noch bedingt auf die Angelkünste von Jens angewiesen, der auf dem Schiff mit Geduld und Hingabe eine Angel aus einem alten, ich würde sagen, Abflussrohr gebastelt hat und diese im Hjørnedal zum erneuten Einsatz bringen will. Wir machen uns auf um der Vorhut zu folgen. „Super“ sage ich. „Hat er dir Fisch geschenkt?“. „Nöh! Moschusochse. Hat er selbst geschossen“. Ich wundere mich, find`s aber klasse. Dank an Jäger Jens. Das Abendessen scheint gesichert.

Wir wandern in der Gruppe weiter Richtung Hjørnedaldelta, wo sich die Gruppe an der Abhangkante erneut trennt. Während Jens und ich runter zum Fluss gehen, machen sich die anderen auf den Rückweg zum Dinghy, um zurück zum Schiff zu fahren. Astrid will uns nach dem Absetzen der Anderen am Schiff als zweite Fuhre am Fluss abholen. So bleibt für Jens ausreichend Zeit einen Angelversuch zu unternehmen, während ich als Eisbärenwache fungiere. Beim Abstieg fällt unser Blick über das zum Großteil ausgetrocknete Flussdelta und wir erspähen einen kleinen Polarfuchs der im bräunlichen Sommerfell im tapsigem Laufschritt das Weite flussaufwärts sucht.

Es wird geangelt, leider ohne Erfolg. Und so kehren wir ohne Fisch zurück an Bord, was im Angesicht der Erbeutung des Moschusochsen, oder man muss wohl eher sagen der Moschusochsenteile, allen als wenig schlimm erscheint. Nun geht es in Vorbereitung des Abendessens an die gekonnte Zerlegung der Beute. In Erinnerung an die in Auszügen noch präsente Vorgehensweise einiger medizinischer Kniffe aus der am Vorabend studierten Lektüre „Medizin auf See“, besorgen Astrid und ich das nötige Präzisionswerkzeug und wir beginnen wechselseitig unser schweißtreibendes Werk der Filetierung.

Ein Teil Filet, ein Teil zum Kochen von Suppe, ein Teil für die Fische. Die teilweise noch vorhandenen am Fleisch anhaftenden Moschusochsenhaare werden in der Pütz gekonnt abgespült, das Filet in Tupperware verstaut und der Rest direkt im Topf für die geplante Suppe versenkt.

Somit hatten wir nun sogar zwei leckere und zudem auch noch super günstige Abendessen, die jedem von uns auf die ein oder andere Art lange im Gedächtnis bleiben werden. Und so endete wieder einmal ein wunderschöner Tag im Scoresby Sund wie immer mit einem Dank an die Köchinnen und diesmal auch noch zusätzlich mit einem Dank an den Jäger.

Text: Axel