So einfach war es gar nicht, um nach Kulusuk in Grönland zu kommen. Nach der Zwischenlandung in Rykjavik wurde ich krank. Die zwar noch gültigen Covid-Tests funktionierten nicht mehr richtig, der erste war positiv, der zweite zeigte gar nichts und der dritte war negativ. Ich konnte es mir also aussuchen, aber der Körper sagte sowieso, weiterreisen sollte ich nicht. Also umbuchen bevor der Flug verfällt. Als ich drei Tage später in der Maschine sitze, erfahre ich, dass ich mit meinem alten Flug auch nicht früher angekommen wäre, denn der Flieger vom Freitag drehte nach 1 ¾ Stunden über Kulusuk um, da dichter Nebel das Landen unmöglich machte und kehrte nach Reykjavik zurück. Der Ersatzflug am Samstag über Nuuk startete erst gar nicht und am Sonntag gab es keinen Flug.

Wie glücklich bin ich, als ich kurz vor Grönland die ersten Eisberge im Meer treiben sehe. Der   Spaziergang durch Kulusuk zeigt eine andere Welt. Die Blicke schweifen zwischen den bunten Häusern auf vereinzelte Eisberge, die durch die Bucht treiben wie wechselnde Bühnenbilder im Theater. Die Inuit an der Ostküste Grönlands leben bis heute zum Großteil von der Fischerei und der Jagd. Für mich gewöhnungsbedürftig liegen erlegte Roben zu einem Bündel zusammengebunden an einem Felsen im Wasser. Im Hafen sehe ich einen halb zerlegter Delphin. Am Mittwoch 30.08. kommt die Anuk an. Astrid, Uli und Uta begrüßen mich herzlich. Sie haben zuvor Carola und Gunter in Tasiilaq abgeholt, damit ist die neue Crew komplett. Wir legen gleich am Nachmittag ab, um Henri durch den Angmagssalik Fjord nach Kungmiut zu bringen. Er will von dort zu einer großen Wanderung aufbrechen. Wegen der Gefahr von Eisbären hat er von einem Dänen aus Tasiilaq ein Gewehr und einen Hund ausgeliehen, der ihn nachts wecken soll, falls Eisbären auftauchen, damit er nicht im Schlaf überrascht wird. Wir können sein Gepäck kaum ins Schlauchboot heben, so schwer ist es mit ca. 35 kg.

Nach einer ruhigen Nacht vor Anker motoren wir durch den Ikasartivag Sund, da der Wind leider nur kurz und aus wechselnden Richtungen weht. Auf beiden Seiten ziehen hohe Berge und Gletscher an uns vorbei. Aus den unterschiedlichen Wettermodellen wissen wir seit Tagen, dass ein Sturm von Kap Farvel heraufziehen wird, der draußen auf See aus Nordost mit bis zu 60 kn in Böen wehen wird. Wir wollen den Sturm in einer von allen Seiten umschlossenen kleinen Bucht bei Tiniteqilaaq geschützt vor Anker abwettern.

Am nächsten Morgen erkunden wir bei 5° und Dauerregen den kleinen Ort und sind fasziniert vom Blick in den Sermilik Fjord, der voller Eisberge direkt vor uns liegt. Ein Strom von Eisskulpturen zieht an uns vorbei.

Text: Thomas