Für mich begann diese Reise vor zig Jahren auf meiner Toilette daheim. Hier lagen immer verschiedene Zeitschriften rum, wie ADAC-Heft, Laufzeitung, so auch die Brigitte. Und außer dem Mode-Teil, der mich weniger interessiert, habe ich dort immer irgendetwas Interessantes zu Kultur, Politik, Sport und auch Reisen gefunden. Einmal gab es einen Bericht über die Kapverden – unterschiedliche Inseln, freundliche Bewohner, Musik und viel Natur mit Sonne und Wind. Und seit dieser Zeit stehen die Kapverden auf meiner Agenda, aber waren doch verschollen. Bis mich der Segel – Rundbrief von Uli mit ihrer großen Atlantikumrundung erreichte und was las ich da: Die Reise führte über die Kapverden! Ich war sofort Feuer und Flamme. Und nach einiger Zeit begann diese Kapverden-Reise tatsächlich.

Die Kapverden liegen ca. 800 sm vor dem Senegal. Drei Inseln mehr im Osten, drei südlich und drei nord-westlich. Uli wollte – laut Plan – von den Kanaren kommend zuerst Palmeira/Sal mit der Hauptstadt Espargos, die nord-östlichste aller Inseln ansteuern und von Mindelo/Sao Vicente im Nord-Westen Richtung Bermudas weiter.

Quelle: www.maps.google.de

Die Kapverden-Crew besteht aus Uli und Helga, die schon auf den Azoren zugestiegen war, Pami und Rolf aus Braunschweig, Michaela und Jörg aus Leipzig und mir. Alle waren schon früher mal mit Uli unterwegs gewesen, aber außer Rolf hatte vom Segeln keiner so wirklich Ahnung. Das ist bei diesen Windverhältnissen aber nur ein kleines Manko – aus meiner Sicht! Beim Segeln von Insel zu Insel müssen wir bei diesem NE-Wind nur anfangs die Genua ausrollen und dann läuft die ANUK mehr oder weniger von allein, die eine Nachtfahrt von Brava nach São Nicolau ausgenommen. So kommen wir über Sal, Boavista, Maio nach Tarrafal auf Santiago, das ist eine der drei südlichen Inseln.

Dort ankern wir in gebührendem Abstand vom Sandstrand, der Schwell dort ist beherrschbar. Santiago ist eine der größeren Inseln und die Hauptstadt der Kapverden, Praia ist auf Santiago die größte Stadt und, da die sehr trubelig und touristisch sein soll, hatten wir uns für Tarrafal entschieden.

Einige Tage zuvor hatte ich ein Mail von meiner Schwester erhalten mit Grüßen von den Kapverden und dass sie in Tarrafal/Santiago sei. Angekommen, schwimme ich zum Strand und jogge zu der Stelle, wo Uli das Dinghi festmacht, und treffe meine Schwester. Die hat hier mit Mann und einer ihrer Töchter, Schwiegersohn und Enkelin eine Wohnung gemietet und hatte schon beim Einlaufen mit dem Handtuch gewunken, wir hatten sie aber nicht gesehen. Es ist schon ein sehr vertrautes, aber auch komisches Gefühl, am anderen Ende der Welt unerwartet seine Schwester zu treffen. 

Ihrer Empfehlung, Assomada im Landesinneren zu besuchen folgen Jörg, Michaela und ich am nächsten Tag und stellen uns an die Ausfallstraße, wo auch nach ganz kurzer Zeit ein Collektivo (Sammeltaxi) hält und uns mitnimmt. Danach tuckeln wir noch eine Viertelstunde kreuz und quer durch die Stadt nach weiteren Fahrgästen suchend, bis es dann richtig losgeht. Eine beeindruckende Landschaft mit Bergen,

gut ausgebauten Straßen, vielen Kurven und kleinen Dörfern zieht an uns vorbei. Immer wieder steigen Leute ein und aus, Jörg hat in dem Auto mit 12 Sitzen bis zu 23 Personen gezählt, die dieses Collectivo gleichzeitig nutzen. Gezahlt haben wir drei Euro pro Person für die einfache Fahrt von ca. einer guten Stunde. Die unterschiedliche Landschaft und die unterschiedlichen MitfahrerInnen im Bus und deren Gepäck (Säcke mit landwirtschaftlichen Produkten, Schultaschen, etc) waren hochinteressant.

Assamada ist ein kleines Städtchen mit einer großen Markthalle im Zentrum, die wir als erstes ansteuern. Eine bunte Palette unterschiedlicher Früchte, Gemüse, Salate, alle möglichen Bohnen etc., aber auch Hühner und Fisch werden dort angeboten. Wir genießen das exotische Treiben und saugen diese Bilder in uns auf.

Zum Schluss sinken wir in einer Ecke auf die Stühle zu einem sehr schmackhaften Hühnchen mit Reis und Gemüse-Gericht zu dritt. 

Anschließend lassen wir uns durch die Stadt treiben mit ganz unterschiedlichen Häusern, einfachste Häuser teilweise verlassen und verfallen und daneben wieder wunderschön herausgeputzte, farbige Fassaden. Am witzigsten fand ich die circa 500 m lange Fußgängerzone, fast europäisch anmutend, aber dann doch wieder auch mit mehr kapverdisch improvisierten Elementen.

Die Heimfahrt nach Tarrafal treten wir in einem Collektivo an. Der Pritschenwagen

ist auch dieses Mal mit sehr vielen Menschen gefüllt und fast wäre noch ein Esel zugestiegen. Jörg und Michaela schnappen sich sich die zwei Sitze neben dem Fahrer. Für mich auf der Ladefläche ist das größte Problem, meinen Kopf bei der Fahrt vom Gestänge für eine Plane fernzuhalten, was auch einigermaßen gelingt. Es klappt alles perfekt und wir treffen meine Schwester und Familie abends zum sehr leckeren Essen auf der Dachterrasse eines Restaurants mit herrlicher Sicht auf Bucht und ANUK.

Am nächsten Tag hängen die meisten ab mit Schwimmen, Strandspaziergang, Flugreise für die Rückfahrt buchen, das Campo da Conzentração zu besuchen s. Blogbeitrag. Besonders schön finde ich in Tarrafal die Bilder auf den Hauswänden, die es aber auf allen Inseln gibt. 

Ich jogge um Tarrafal herum, verlaufe mich und habe hinterher anstelle der geplanten 8 dann 14 km in den Beinen. Dieser „Umweg“ ist aber interessant und macht nachdenklich, in den Außenbezirken werden die unterschiedlichen Verhältnisse vor Ort deutlich. Das Durchschnittseinkommen auf den Kapverden beträgt angeblich ca. 500 Euro/Monat, die Preise für Lebensmittel sind ähnlich wie bei uns. Insgesamt fühle ich mich auf den Kapverden sicher, die sozialen Unterschiede unter der Bevölkerung sind zwar wahrnehmbar, aber wirken nicht bedrohlich. Im Gegenteil, die Atmosphäre ist heiter, gelassen und sehr entspannt, „no Stress“ lautet das Motto hier und so empfinde ich das auch. 

Am nächsten Morgen geht es noch bei Dunkelheit, wegen der vor uns liegenden Etappe mit über 50 sm nach Fogo, los. Meine Schwester hat noch ein Bild von uns in der Dunkelheit gemacht.

 Text: Matthias, Lektorat Corinna & Uli