Wir ankern gerade am Sassafras River im Norden der Chesapeake Bay. Kaum zu glauben, dass wir jetzt schon fast zwei Wochen hier sind. Morgen wollen wir durch den Delaware Canal und die Delaware Bucht raus Richtung New York segeln. Heute Abend zieht noch eine Regenfront mit viel Südwind durch, danach haben wir ein ganz gutes Wetterfenster mit SW -W 6 Bft, wir hoffen auf einen schnellen Ritt.

Till und Uli sind am 31.03. in Norfolk gut angekommen, abends kam Verstärkung Susi und Suse dazu. Gemeinsam erkunden wir zwei Tage Norfolk. So viel Stadt, Verkehr und hohe Gebäude hatte Uli seit Monaten nicht mehr. 

Uli war 2005 schonmal mit Astrid und LUNA hier, in Erinnerung geblieben sind nur die vielen Marine Boote und Flugzeugträger sowie das Battleship Wisconsin.

Schön ist Norfolk nicht wirklich, trotzdem gibt es einiges zu entdecken. Zum Beispiel verschiedene Wandmalereien, einige alte Häuser und natürlich die USS Wisconsin.

2005 konnte man sie auch schon besichtigen, jedoch nur an Deck, da sie damals noch nicht außer Dienst gestellt war. Mittlerweile kann man auch die Mannschaftsquartiere, Messe, Kombüsen usw. besichtigen. Wir sind begeistert. Das Schiff hat eine faszinierende Geschichte, auch wenn Krieg entsetzlich ist.

Gebaut im 2. Weltkrieg, an diesem im Pazifik aktiv teilgenommen. Es folgen Einsätze im Koreakrieg und 1. Irakkrieg. Endgültig außer Dienst gestellt wurde sie erst 2006. Die ersten Cruise-Missiles des 1. Irakkriegs auf Bagdad wurden von ihr abgeschossen.

Vorbei an einer langen Reihe an Kriegsschiffen bis hin zu Flugzeugträgern starten wir in die Chesapeake Bay. Jetzt Anfang April ein schönes Segelrevier. Es ist angenehm warm und noch herrlich leer. Die Chesapeake Bay ist sehr flach und nichts anderes als ein riesiges Flussdelta für mindestens 8 große Flüsse. Dazu viele unterschiedlich große Creeks, ideal zum Ankern. Uns fehlt die Zeit einen der großen Flüsse hinaufzufahren, z.B. die knapp 100 nm des Potomac River bis Washington. Die Zufahrt nach Baltimore ist wegen gerade der durch einen Containerfrachter zerstörten Francis-Scott-Key Bridge für lange Zeit nicht mehr möglich. 

Heute konnten wir in der Ferne die zusammengebrochene Brücke vor Baltimore sehen. Das Containerschiff liegt dort immer noch. Leider ist es etwas diesig, sodass auf den Fotos nur wenig zu erkennen ist.

Die Ufer der Chesapeake Bay sind überwiegend bebaut, zum Teil mit eindrucksvollen Anwesen. Dadurch ist fast das gesamte Ufer „privat property“, d. h. betreten verboten. Man kommt nicht überall an Land. 

Wir ankern an einigen schönen Ecken, genießen die Umgebung und eindrucksvolle Sonnenuntergänge und -aufgänge. Mehrere Tage kreuzen wir nach Norden.

Der Mill Creek ist typisch, eng mit vielen Marinas (Solomons nebenan), im St. Marys River der alte Regierungssitz mit College.

Ein „must visit“ ist natürlich Annapolis, die Segelstadt in der Chesapeake Bay. „This is not America“ kommentiert Suse.

Das Timing ist nicht ganz perfekt. Während des Anlegemanövers müssen wir zeitgleich mithilfe von CDs die partielle Sonnenfinsternis (86%) beobachten, schon eindrucksvoll. 

In Annapolis gibt nicht nur viele Marinas, sondern auch eine schöne historische Altstadt mit dem ältesten, noch genutzten Regierungsgebäuden der USA. Annapolis ist Hauptstadt von Maryland. Neben der Altstadt ein großes Navy-Areal mit Offiziersakademie.

Till bricht zu einer Übernachtungstour mit Helgas Zelt in den Shenandoah Nationalpark auf. Der Shenandoah Nationalpark ist Teil der Appalachen deren Bergen im Osten auch als Blue Ridge Mountains bezeichnet werden, da die Bäume in der Dämmerung den Bergen eine bläuliche Note verleihen. Dank des weiterhin antizyklischem Reiseverhaltens ist der Old Rag Mountain, der eine der beliebtesten Wanderrouten der Ostküste darstellt, vergleichsweise wenig besucht und ist definitiv eine Reise wert.

Der Rest der Mannschaft bastelt am Schiff, bummelt durch die Stadt und Geschäfte. Uli deckt mit neuem Ölzeug ein, das alte ist leider undicht.

Die US Navy ist sehr präsent in der Chesapeake Bay. Nicht nur im weltgrößten Marine Stützpunkt Norfolk, sondern auch durch viele weitere Stützpunkte sowie Flugplätze. Vor Annapolis ankert ein US Submarine, Partyzelte an Deck, Jets überfliegen uns regelmäßig, in Norfolk patrouillieren mehrere Marine Polizei Boote mit Blaulicht und Schusswaffen an Deck, in Annapolis joggen abends Gruppen von Offizieranwärtern mit „Navy-Shirts“ durch die Stadt. Überraschend hält ein Reisebus der „German Armed Forces Command United States and Canada, Bundeswehrkommando“ neben ANUK und der Fahrer quatscht mit uns während er auf seine dt. Reisegruppe wartet. Wir sind erstaunt, dass auch wir Deutschen hier präsent sind. Till merkt an, dass laut Erhebungen etwa 45 Millionen Amerikaner*innen einen deutschen Hintergrund angeben. 

Text: Till, Susi, Suse, Uli